Eine Zikade auf Sardinien

Musik, Stimmen, Geräusche:
Bewusstes Hinhören

Die Welt klingt überall anders:

Auf den Azoren begegneten uns die auffälligen, für uns ungewohnten Rufe der Gelbschnabel-Sturmtaucher. In Nicaragua konnten wir die Brüllaffen schon von weitem hören. In Japan und auf Sardinien war es das vielstimmige Zirpen der Zikaden, in Sri Lanka das rhythmische Rauschen des Indischen Ozeans. Auf Sansibar rief der Muezzin über die Dächer, während auf den Basaren Stimmen, Schritte und das Klirren von Teegläsern ineinanderflossen. In Thailand begleiteten uns sanfte Tempelgesänge. Und in den Alpen? Da war es manchmal die Stille selbst, nur durchbrochen vom Glockenläuten einer Kuh oder dem Knirschen der eigenen Schritte im Schnee.

Häufig sind wir unterwegs so mit Sehen, Planen und Fotografieren beschäftigt, dass wir vergessen: Unsere Ohren sind ständig offen. Sie nehmen auf, speichern und lösen später Erinnerungen aus, noch lange nach einer Reise. Der Klang einer bestimmten Sprache, von Musik oder Tierstimmen: all das kann uns beim Hören in Sekundenbruchteilen zurückversetzen. Viele kaufen Souvenirs oder fotografieren jede Sehenswürdigkeit, dabei lassen sich auch die Geräusche einer Reise einfangen: sei es lebhafte Straßenmusik, traditioneller Gesang, der sanfte Klang der Meereswellen, das melodische und variantenreiche Zwitschern eines Vogels oder ein vielstimmiges Potpourri von Lauten im Dschungel.

Unterwegs halten wir ab und zu inne, schließen die Augen und konzentrieren uns nur auf das, was wir hören. Wir sind immer wieder überrascht, wie viel wir dann wahrnehmen. Sehr oft hören wir Tiere, bevor wir sie sehen. Wer mit offenen Ohren reist, erlebt tiefer. Hinhören ist eine Möglichkeit, sich mit der Natur, der Kultur und anderen Menschen zu verbinden. Oft sind es weniger die Touristenattraktionen, die uns im Gedächtnis bleiben, sondern vielmehr die Geräusche und Gespräche, die eine Reise erst lebendig machen.

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