Sardinien

– Land & Leute –

Land & Leute auf Sardinien

Sardiniens frühe Kulturen

Sardinien blickt auf eine faszinierende Geschichte zurück. Menschen besiedelten die Insel schon vor mindestens 150.000 Jahren. Über Jahrtausende hinweg entwickelte sich hier eine Reihe einzigartiger Kulturen, deren Spuren bis heute sichtbar sind.

Am bekanntesten ist die Nuraghen-Kultur, die sich von der Bronze- bis in die frühe Eisenzeit erstreckte (ca. 1800-238 v. Chr.) und nach ihren imposanten Turmbauten, den Nuraghen, benannt ist. Diese steinernen Monumente liegen über die ganze Insel verteilt, oft mitten in der Landschaft, und zeugen von beeindruckender Architektur und sozialer Organisation. Die Nuraghen hatten vermutlich verschiedene Funktionen: als Wohnsitz, Verteidigungsanlage, Versammlungsort, rituelle oder spirituelle Stätte. Archäologen erkennen dies an Grabbeigaben, Feuerstellen oder der besonderen Lage der Monumente, doch welche Bedeutung die Orte für ihre Erbauer genau hatten, lässt sich aus heutiger Sicht nur annähernd rekonstruieren.

Viele dieser Steinbauten sind gut erhalten, einige nur als Ruinen, doch selbst die Überreste vermitteln einen Eindruck von der Größe und Baukunst dieser Bauwerke. Über 7.000 Nuraghen sind heute dokumentiert. Eine besonders eindrucksvolle Anlage, die Nuraghe Su Nuraxi de Barùmini, steht auf der UNESCO-Welterbeliste.

Die Ozieri-Kultur (ca. 3200-2800 v. Chr.) war die letzte große Kultur der Jungsteinzeit, die auf Sardinien ab etwa 6000 v. Chr. begann. Ihre Bewohner fertigten kunstvolle Keramik, lebten in kleinen Dörfern und hinterließen Felsgräber, die sogenannten Domus de Janas. Der Name bedeutet „Haus der Feen“ oder „Hexenhäuser“ und verweist auf die alten Legenden, die sich um diese geheimnisvollen Kammern ranken.

Die Gräber wurden direkt in den Fels gehauen und bestehen meist aus mehreren miteinander verbundenen Räumen. Die teils reich verzierten Anlagen wurden bis zum Beginn der Nuraghen-Kultur genutzt. Auf Sardinien sind über 1.000 Domus de Janas dokumentiert; zahlreiche Gräber sind gut erhalten und können besichtigt werden.

Später beeinflussten Phönizier, Karthager und Römer die Insel. Sie brachten Handel, neue Siedlungsformen und kulturelle Innovationen – die römische Eroberung 238 v. Chr. markierte dabei einen entscheidenden Wendepunkt in der Geschichte Sardiniens.

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UNESCO-Welterbe Nuraghe Su Nuraxi
Hölzerne Tiermaske aus der Provinz Nuoro

Tradition und Kunsthandwerk

Sardinien ist eine Insel voller lebendiger Traditionen, die man besonders bei den Festen und Bräuchen entdecken kann. Heute ist Sardinien überwiegend katholisch geprägt, wie weite Teile Italiens. Etwa 95 % der Bevölkerung gehören der katholischen Kirche an, und kirchliche Feste und Prozessionen spielen eine wichtige Rolle im gesellschaftlichen Leben. Besonders eindrucksvoll sind die häufig sehr farbenfrohen Feierlichkeiten, die noch teils vorchristliche Bräuche in sich tragen – etwa bei Ostern, Fronleichnam oder den vielen Dorfheiligenfesten.

Ein Höhepunkt sind die maskierten Figuren, welche hauptsächlich während des Karnevals auftreten und die oft mit alten Ritualen verbunden sind. Besonders bekannt sind die Mamuthones und Issohadores aus dem Ort Mamoiada in der Provinz Nuoro: Die Mamuthones tragen schwarze Kleidung, schwere Kuhglocken auf dem Rücken und hölzerne Masken, während die Issohadores in weißen Masken und roter Kleidung die Gruppe anführen. Diese Figuren symbolisieren Schutz, Ordnung und Fruchtbarkeit und spiegeln die tiefe Verbindung der Menschen zu Natur und Gemeinschaft wider.

Neben diesen menschlichen Masken gibt es auf Sardinien auch Tiermasken, die bei Festen verwendet werden und alte Mythologien oder bäuerliche Rituale widerspiegeln. Sie zeigen die enge Beziehung der Inselbewohner zu Tieren und Landwirtschaft – ein lebendiges Stück Geschichte, das bis heute gepflegt wird.

Wer die Insel besucht, sollte sich auch dem sardischen Kunsthandwerk widmen. Jedes handgefertigte Stück erzählt eine Geschichte von alten Ritualen, vom Alltag und der künstlerischen Leidenschaft der Inselbewohner: Keramik, gewebte Teppiche und kunstvolle Textilien, Holzschnitzereien und Produkte aus Kork sind Ausdruck von Kreativität und Tradition. Kork, den Sardinien in großen Mengen liefert, wird zu dekorativen Gegenständen oder kleinen Alltagshelfern verarbeitet.

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Das Geheimnis eines langen Lebens

Sardinien ist eine der sogenannten „Blue Zones“ – Regionen auf der Welt, in denen die Menschen außergewöhnlich alt werden. Auf Sardinien gibt es besonders viele Hundertjährige, und das bei erstaunlich guter Gesundheit.

Das Geheimnis liegt wohl in einem Zusammenspiel aus Tradition, Lebensstil und Gemeinschaft. Die Sarden pflegen eine mediterrane Ernährung, reich an Gemüse, Hülsenfrüchten, Olivenöl und hin und wieder einem Glas Rotwein. Fleisch essen die Menschen durchaus – allerdings nicht täglich und nicht aus industrieller Produktion. Es stammt von heimischen Ziegen, Schafen oder Schweinen, die auf den Weiden der Insel großgezogen werden, und wird meist zu besonderen Anlässen genossen.

Ein oft übersehener Faktor ist dabei die Gesundheit der Böden. Viele Familien bauen noch heute eigenes Gemüse an – in Erde, die reich an Mineralstoffen und frei von intensiver Übernutzung ist. Diese fruchtbaren Böden verleihen den Lebensmitteln nicht nur besonderen Geschmack, sondern auch eine Fülle an Nährstoffen, die wiederum die Basis für eine nährstoffreiche, natürliche Ernährung bilden.

Hinzu kommt das klare Bergwasser, das traditionell aus Quellen und Brunnen getrunken wird. Es ist reich an Mineralien und galt schon immer als Lebenselixier der Inselbewohner.

Von Bedeutung ist auch ein starkes soziales Gefüge: Familie, Freundschaften und Dorfgemeinschaften geben Halt und Freude. Familien auf Sardinien leben oft über Generationen hinweg zusammen, Alte werden respektiert und bleiben aktiv in den Alltag eingebunden.

Körperliche Bewegung ist auf Sardinien ganz selbstverständlich. Viele ältere Menschen arbeiten auch im hohen Alter noch in ihren Gärten oder gehen regelmäßig zu Fuß durch die Berge. Traditionell lebten viele Inselbewohner als Hirten, Bauern oder Fischer. Diese Tätigkeiten bedeuteten tägliche Bewegung in den Bergen und Feldern, ein Leben im Rhythmus der Natur und Aktivität bis ins hohe Alter. Auch heute sind Landwirtschaft, Wein- und Olivenbau wichtige Pfeiler, ergänzt durch Handwerk und Tourismus. Gerade die Mischung aus körperlicher Arbeit, Selbstbestimmung und Nähe zur Natur prägt den Lebensstil bis heute.

So entsteht eine einzigartige Balance aus gesunder Ernährung, Bodenfruchtbarkeit, Bewegung, Gelassenheit und starker Gemeinschaft. Vielleicht liegt genau hier der Schlüssel zum langen Leben: einfache, gesunde Gewohnheiten, eingebettet in ein Leben voller Sinn und Verbundenheit.

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Die Weiden der Insel im Sommer
Abends an der Piazza Matteotti in Olbia

Zeit für das echte Leben

Wer Sardinien entdecken möchte, sollte sich Zeit nehmen – für lange Mittag- und Abendessen, den Duft der Kräuter in der Macchia und vor allem für die Begegnungen mit den Menschen vor Ort. In den kleinen Restaurants und Bars fühlt man sich sofort willkommen: Hier wird man freundlich begrüßt, bekommt ein Lächeln und oft einen kurzen Plausch dazu.

Das echte Leben zeigt sich in den kleinen Dingen: Alte Herrschaften treffen sich täglich, sitzen draußen auf den Plätzen und unterhalten sich stundenlang. Autos bleiben manchmal einfach mitten auf der Straße stehen, während die Fahrer sich gegenseitig begrüßen – und die anderen Verkehrsteilnehmer geduldig warten.

Auf Sardinien tickt die Zeit anders. Es kann laut zugehen, voller Leben und Stimmen, aber Hektik gibt es kaum. Wer einmal stehenbleibt und genau hinschaut, erlebt den authentischen, entspannten Rhythmus der Insel – das wahre sardische Leben in all seiner Vielfalt.

Auch literarisch lässt sich diese Welt entdecken – durch die Werke von Grazia Deledda. Die Schriftstellerin wurde 1871 in Nuoro geboren und erhielt 1926 den Literatur-Nobelpreis. In ihren Romanen und Erzählungen hat sie das harte, einfache Leben auf Sardinien festgehalten – mit seinen Traditionen, Konflikten und Leidenschaften. Ihre Geschichten handeln von Familie, Schuld, Vergebung und Schicksal, eingebettet in die strenge Moral und die tief verwurzelten Bräuche des Landlebens. Die Natur Sardiniens wird dabei zur ständigen Begleiterin: rau, schön und manchmal gnadenlos, prägt sie das Leben der Menschen. Deleddas Werke zeigen die Insel fernab von Postkartenidylle: authentisch, intensiv und zutiefst menschlich.

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Sardinien ohne Auto

Wir haben uns bewusst für eine Reise ohne eigenes Auto oder einen Mietwagen entschieden – und es nicht bereut. Unser Ziel war ohnehin nur der Osten der Insel, den wir in Ruhe erkunden wollten, um tief in die Umgebung einzutauchen. Außerdem wäre ein Mietwagen in der Hauptsaison im Juli deutlich teurer gewesen als ein Taxi-Transfer.

Vor Ort waren wir viel zu Fuß unterwegs, besonders in den frühen Morgenstunden und ab dem späten Nachmittag. Viele Wege führten idyllisch durch Pinienwälder direkt am Meer entlang. Vor allem südlich von Bari Sardo fanden wir Strecken, auf denen wir ungestört laufen konnten, ohne Autos ausweichen zu müssen. Für Einkäufe in Orosei haben wir uns Fahrräder gemietet – für etwa 100 Euro pro Woche. Das hat wunderbar funktioniert, sogar Wasser und Melonen ließen sich mühelos transportieren. Diese Bewegung an Land, zusätzlich zum Schwimmen im Meer, war für uns eine schöne Möglichkeit, aktiv zu bleiben und die Insel intensiv zu erleben.

Unsere Erfahrungen mit Taxi-Transfers möchten wir ebenfalls teilen: Vorab hatten wir uns auf der Webseite des Flughafens Olbia über die üblichen Preise informiert, um genau zu wissen, was die geplanten Strecken kosten sollten. In der Realität sah es jedoch oft anders aus: Einige Taxifahrer verlangten 100 bis 150 Euro pro Strecke mehr. Tatsächlich verdienen viele Taxifahrer den Großteil ihres Einkommens in der Hauptsaison, da in der Nebensaison deutlich weniger los ist. Vermutlich versuchten sie, die geringeren Einnahmen durch höhere Preise auszugleichen – ein Zwiespalt für uns, da wir die Lebensrealität vor Ort respektieren. Lehnten wir ihr Angebot ab, wurden leider selbst Anfragen für kürzere Strecken anschließend abgelehnt, was wir sehr schade fanden.

Glücklicherweise haben wir in der Provinz Oliastra einen sehr netten und zuverlässigen Fahrer gefunden, der zu den üblichen Preisen fuhr. Mit ihm unternahmen wir alle längeren Strecken, und alles klappte bestens. Es gibt sie also – die Taxifahrer, die fair bleiben und dadurch häufiger gebucht werden – man muss sie nur finden.

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Unterwegs mit dem Taxi-Transfer

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